Die praktischen Auswirkungen für liechtensteinische Einheiten dürften jedoch im Ergebnis überschaubar sein, da sich die Regelung ausschliesslich auf Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Entwicklungsländern beschränken soll. Für ausländische Tochtergesellschaften liechtensteinischer Rechtsträger gilt es die jeweilige Situation genauer zu analysieren.
Einordnung
Am 17.07.2023 veröffentlichte die OECD die Richtlinien für ein weiteres Instrument zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung, eine GloBE-spezifische Subject to Tax Rule (STTR), welche die bereits in der nationalen Umsetzung befindlichen Instrumente (IIR- und UTPR-Ergänzungssteuer) zukünftig flankieren soll.
Die STTR verfügt über einen eigenen, wesentlich weiter gefassten persönlichen Anwendungsbereich und erstreckt sich in ihrer Wirkung massgeblich auf bestehende DBA.
Sie war ursprünglich ein Anliegen der Entwicklungsländer und war bereits im OECD Blueprint zu GloBE aus dem Oktober 2020 enthalten. Detaillierte Informationen zu ihrer letztendlichen Ausgestaltung waren bereits für Mitte 2022 angekündigt und wurden nun durch die Veröffentlichung der STTR-Model Rules und des STTR-Kommentars vom 17.07.2023 nachgeholt.
Im aktuellen liechtensteinischen Gesetzgebungsverfahren zu GloBE (BuA 65/2023) konnte die STTR daher keine Berücksichtigung finden und wäre zudem auch von diesem inhaltlich, massgeblich aufgrund ihrer ausschliesslich abkommensrechtlichen Wirkung zu trennen gewesen.
Zielsetzung
Der STTR liegt das Verständnis zugrunde, dass ein Quellenstaat, der im Rahmen eines DBA seine Besteuerungsrechte für bestimmte konzerninterne Zahlungen ins Ausland abgetreten hat, dennoch in der Lage sein sollte, einen Teil dieser Rechte zurückzuerhalten, wenn die Einkünfte im Staat des Zahlungsempfängers mit einem Steuersatz unter 9 % besteuert werden.
Sie soll konkret den jeweiligen Quellenstaat berechtigten, auf bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen, insbes. Zins- und Lizenzzahlungen, die im anderen Staat nicht mindestens einem nominellen Mindeststeuersatz von 9 % unterliegen, eine Quellensteuer in Höhe der Differenz des tatsächlichen nominellen Steuersatzes zum nominellen Mindeststeuersatz zu unterwerfen (max. 9%).
Die STTR zielt damit darauf ab, die derzeitige Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen Quellen- und Ansässigkeitsstaaten in ihrem Wirkungsbereich zu revidieren.
Umsetzung
Aufgrund ihres von der IIR und der UTPR losgelösten, eigenständigen persönlichen Anwendungsbereichs und ihrer auf das Abkommensrecht beschränkten Rechtsfolgen, soll die STTR im Wege eines neuen Multilateralen Instruments (MLI) in die DBAs integriert werden, sofern ein DBA-Partnerstaat darum ersucht. Dies soll jedoch nur für die solche Partnerstaaten möglich sein, die nach der Definition der Weltbank als Entwicklungsland gelten. In Bezug zu Liechtenstein betrifft dies bspw. das DBA mit Georgien.
Dieses neue MLI liegt ab dem 05.10.2023 zur Unterzeichnung vor. Für Liechtenstein als Mitglied des Inclusive Framework bestehen zwei Möglichkeiten zur Umsetzung der STTR, die sich in der Unterzeichnung des neuen MLI (als multilaterales Abkommen) oder in einer bilateralen Änderung der Verträge (DBA) erschöpfen. Voraussetzung einer Anpassungsnotwendigkeit ist aber stets das Ersuchen des DBA-Partnerstaats.
Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich der STTR erstreckt sich auf alle bestehenden DBAs, die um Anpassung ersucht werden. Persönlich erfasst werden verbundene Unternehmen, nicht aber natürliche Personen, gemeinnützige Organisationen, bestimmte Investmentfonds sowie u.a. anerkannte Pensionsfonds.
Die Begriffsbestimmung eines verbundenen Unternehmens richtet sich nach Art. 5 Abs. 8 des OECD-Musterabkommens (OECD-MA) 2017 und setzt in der Regel ein Kontrollverhältnis (> 50%) voraus.
Weitere Anwendungsbereichsausnahmen bestehen in Form einer relativen Renditeschwelle sowie einer absoluten Wesentlichkeitsschwelle (dazu im Folgenden).
Erfasste Zahlungen ("covered income")
Von der STTR werden folgende Einkünfte im Sinne des OECD-MA 2017 erfasst:
a) Zinsen gemäss Art. 11 Abs. 3
b) Lizenzgebühren gemäss Art. 12 Abs. 2
sowie aber auch in Bezug auf
c) Zahlungen, die als Gegenleistung für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung von Vertriebsrechten Vertriebsrechte für ein Produkt oder eine Dienstleistung
d) Versicherungs- und Rückversicherungsprämien
e) Gebühren für die Bereitstellung einer Finanzgarantie oder sonstige Finanzierungsgebühren
f) Mieten oder sonstige Entgelte für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung gewerblicher, gewerblicher oder wissenschaftlicher Ausrüstungen oder
g) alle Einkünfte, die als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen erhalten werden,
Betriebsstätteneinkünfte (Art. 7) als auch sonstige Einkünfte nach Art. 21. Nicht erfasst werden bestimmte Einkünfte aus der Schifffahrtsindustrie.
Darüber hinaus soll die STTR nicht gelten, wenn der Bruttobetrag der erfassten Einkünfte, die keine Zinsen oder Lizenzgebühren sind (Buchstaben c-g), die Kosten der Vergütung des Empfängers für die Tätigkeit, die zu diesen Einkünften führt, nicht um 8.5% übersteigt (relative Renditeschwelle), da davon ausgegangen wird, dass diese ein geringeres Gewinnverlagerungsrisiko darstellen. Darüber hinaus kann jedes Steuerhoheitsgebiet einen absoluten Schwellenwert festlegen, bei dessen Unterschreitung die STTR im jeweiligen Steuerjahr keine Anwendung findet (absolute Wesentlichkeitsschwelle).
Ermittlung des massgeblichen Steuersatzes
Massgeblich ist der nominale Steuersatz nach einer Korrektur für bestimmte steuervergünstigende Anpassungen ("preferential adjustments"). Diese Anpassungen müssen zu einer dauerhaften Reduzierung der steuerpflichtigen Einkünfte führen, und zwar bewirkt durch
a) eine vollständige oder teilweise Befreiung oder ein Ausschluss vom Einkommen,
b) einen Abzug von der Steuerbemessungsgrundlage, der auf der Grundlage der Höhe der Einkünfte und ohne Berücksichtigung einer entsprechenden Zahlung oder Zahlungsverpflichtung berechnet wird, oder
c) eine Steuergutschrift, ausgenommen einer Gutschrift für auf die Einkünfte gezahlte ausländische Steuern, die auf der Grundlage des Betrags der Einkünfte oder der Steuer auf diese Einkünfte berechnet wird (Steueranrechnung),
die direkt mit den erfassten Einkünften verbunden sind oder die im Rahmen einer Regelung anfallen, die eine Steuerbegünstigung für Einkünfte aus geografisch mobilen Tätigkeiten vorsieht.
Rechtsfolgen
Liegen die Voraussetzungen vor, darf der Quellenstaat eine Quellensteuer auf die erfassten Einkünfte in Höhe von maximal 9% erheben, womit die zusätzliche Quellensteuer stets auf die Differenz zwischen der tatsächlichen nominalen Belastung der erfassten Einkünfte im Ansässigkeitsstaats des Empfängers und dem Maximalquellensteuersatz von 9% begrenzt. Beträgt die nominale Steuerbelastung im Ansässigkeitsstaats des Empfängers bspw. nominal 5%, steht dem Quellenstaat ein Besteuerungsrecht von maximal 4% zu.
Auswirkungen für Liechtenstein
Da der nominale Steuersatz in Liechtenstein deutlich über 9% liegt und Liechtenstein über keinen Mechanismus verfügt, der steuervergünstigende Anpassungen in direktem Bezug zu bestimmen Einkünften (bspw. IP-Box Regime) vorsieht, sollte es in den betroffenen DBA in Bezug auf die betroffenen Zahlungen tendenziell nicht zu einer Anwendung der STTR kommen. Gleichwohl bleiben die weiteren Entwicklungen zu beobachten.
Für Fälle, in denen es zu einem Abzug einer STTR-bedingten Quellensteuer kommt, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die ausländische Quellensteuer auf eine inländische Steuerschuld anzurechnen, wobei sich aber Restriktionen bei der Anrechnung der Höhe nach durch den Anrechnungshöchstbetrag und die "per-item-limitation" (Art. 18b SteG) ergeben können.
Handlungsempfehlung
Wann die STTR für die jeweiligen liechtensteinischen DBA konkret in Kraft treten wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Gleichwohl gilt es, die potenziell "erfassten Zahlungen" – auch ausserhalb des Anwendungsbereichs von GloBE – zu analysieren und die Entwicklung, gerade aber auch für ausländische Tochtergesellschaften, die bspw. IP-Box Regime nutzen, im Blick zu behalten.
In betroffenen Fällen wird die STTR aufgrund der relativen und absoluten Anwendungsbereichsausnahmen voraussichtlich zudem auch eine jährliche laufende Überwachung der jeweiligen Leistungsbeziehungen erfordern.
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