Die Begründung einer beschränkten Steuerpflicht in Deutschland durch lediglich in einem deutschen Register (DPMA oder EPO) eingetragene Rechte bei ausschliesslich exterritorialen Lizenzvergütungen ist leicht zu übersehen. Dieser unscheinbare steuerliche Nexus kann sowohl zu erhöhten Deklarationspflichten führen als auch u.U. wesentliche Steuerbelastungen begründen.
§ 49 EStG: Fundgrube für Besteuerungsrechte
Gleichwohl der Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. f und Nr. 6 EStG jahrzehntelang unverändert war, steht die deutsche Finanzverwaltung spätestens seit dem 6.11.2020 einheitlich auf dem Standpunkt, dass exterritoriale Rechtevergütungen, deren Gläubiger und Schuldner ausserhalb von Deutschland ansässig sind, auch dann eine beschränkte Steuerpflicht begründen, wenn das entsprechende Recht (z.B. Patente, Marken) lediglich in einem deutschen Register eingetragen ist. Erfasst werden ebenfalls Rechte, die aufgrund einer Anmeldung beim Europäischen Patent- und Markenamt nach dem Europäischen Patentübereinkommen in das inländische Register eingetragen wurden. Ob das überlassene Recht in einer inländischen Betriebsstätte oder Einrichtung des Lizenznehmers verwertet wird, ist insofern gerade nicht massgeblich.
Besteuerung dem Grunde nach
Hinsichtlich der steuerlichen Folgen ist zwischen zeitlich befristeten und unbefristeten Rechteüberlassungen zu differenzieren.
Ausserhalb Deutschlands ansässige Vergütungsschuldner sind in den Fällen einer befristeten Rechteüberlassung auch rückwirkend verpflichtet, einen Steuerabzug für die Rechnung des Gläubigers in Höhe von 15,825% auf den Bruttobetrag vorzunehmen, die Steuer gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern anzumelden und abzuführen.
Ist das zugrundeliegende Recht zeitlich unbefristet überlassen worden und liegt daher eine Rechteveräusserung vor, greift zwar kein Steuerabzug, jedoch ist der Empfänger der Lizenzgebühr (Vergütungsgläubiger) verpflichtet, eine Steuererklärung beim zuständigen deutschen Finanzamt einzureichen. In beiden Fällen sind weitere Offenlegungspflichten zu beachten, die auch dann bestehen bleiben, wenn das nationale Besteuerungsrecht letztlich durch ein DBA ausgeschlossen wird.
Die Reduzierung oder Vermeidung der zusätzlichen Quellensteuerbelastung ist jeweils im Einzelfall auf Basis der Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu prüfen.
Besteuerung der Höhe nach
Die Erfüllung der steuerlichen Pflichten dem Grunde nach bedingt regelmässig die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage der Höhe nach. Die Vergütung ist bei einer befristeten Überlassung im Grundsatz anhand der jeweiligen vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Sofern das Vertragsverhältnis, wie in der Praxis üblich, eine konkrete Bezifferung des Teils der Vergütung nicht zulässt, der auf die Überlassung des in Deutschland registrierten Rechts entfällt, ist die gezahlte Vergütung "sachgerecht" aufzuteilen.
Da regelmässig mit der exterritorialen Rechtüberlassung (ausgenommen der Registrierung) keine Anknüpfungspunkte in Deutschland gegeben sind und der Schutz der Rechte im Grundsatz eine Routinetätigkeit (Schutzfunktion) darstellt, wird von der h.M. der Literatur auch in Anlehnung an das OECD-Konzept der DEMPE-Funktionen vertreten, dass eine Bewertung nach der Kostenaufschlagsmethode zu erfolgen habe. Die deutsche Finanzverwaltung steht diesem Ansatz jedoch ablehnend gegenüber.
Gleiches gilt in Bezug auf marktorientierte "Bottom-Up-Ansätze", bei denen die auf Deutschland entfallenden Lizenzgebühren, z. B. auf Basis von Datenbankstudien, als Prozentsatz vom Umsatz oder Gewinn ermittelt werden.
Der einzige adäquate Ansatz einer sachgerechten Aufteilung stellt nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung demnach ein einkommensbasierter "Top-Down-Ansatz" dar, wonach die tatsächlich geleistete Gesamtvergütung, unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips aufzuteilen ist.
Objektiv betrachtet, ist die Geeignetheit des jeweiligen Ansatzes jedoch einzelfallabhängig. So entscheidet sich bspw. die Geeignetheit der Kostenaufschlagsmethode nach der berücksichtigungsfähigen Kostenbasis.
Sind mit der exterritorialen Rechtüberlassung mit Ausnahme der Registrierung keine Anknüpfungspunkte in Deutschland gegeben, beträgt die Bemessungsgrundlage – der Auffassung der Finanzverwaltung folgend – mangels eines in Deutschland erzielten Umsatzes grundsätzlich null. Zum einen ist in diesem Fall zu beachten, dass die Offenlegungs- und Deklarationspflichten des Vergütungsschuldners unvermindert bestehen bleiben.
Zum anderen wird deutlich, dass der Fokus der Finanzverwaltung massgeblich auf Fälle abzielt, in denen ein ausserhalb Deutschlands ansässiger Vergütungsschuldner auf der Grundlage der Überlassung eines Rechts in Deutschland Umsätze erzielt, ohne dass dieser über einen steuerlichen Nexus in Deutschland verfügt.
Liegt eine Veräusserung von Rechten vor, ist der Veräusserungsgewinn in Deutschland im Rahmen der Veranlagung zu deklarieren. Veräusserungsvorgänge unterliegen nicht dem Steuerabzug nach § 50a EStG.
Handlungsempfehlung für in Liechtenstein ansässige Gesellschaften
Die Kundenstrukturen sollten auf mögliche Risiken geprüft werden. Konkret sind dabei zwei Fragen zu stellen:
Für Vergütungsschuldner einer zeitlich befristeten Rechteüberlassung gilt es der Quellensteuerabzugsverpflichtung gerecht zu werden. Soweit die deutsche Finanzverwaltung die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, insbesondere, weil der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten verletzt, wird sie den auf Deutschland entfallenden Anteil der Vergütung schätzen. Als Schätzungsgrundlage werden dabei regelmässig die in Deutschland erzielten Umsätze zu den Umsätzen in anderen Staaten ins Verhältnis gesetzt werden, die insgesamt von der Rechteüberlassung umfasst sind. Der sich daraus ergebende Schlüssel wird auf die Gesamtvergütung angewandt und die so ermittelte Bemessungsgrundlage dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG zugrunde gelegt.
In Bezug auf die Deklarationspflichten können für Vergütungen, die vor dem 1. Juli 2022 zufliessen unter bestimmten Voraussetzungen verwaltungsseitige Vereinfachungsvorschriften genutzt werden, die zu einer deutlichen Reduktion des Deklarationsaufwands führen können.
Im Veräusserungsfall besteht für betroffene Vergütungsgläubiger die Pflicht zur Vornahme einer Körperschaftsteuerveranlagung.
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