Gemäss der bisherigen Rechtsprechung war eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern, die auf der Ebene eines persönlich ertragssteuerpflichtigen (aber sachlich befreiten) Investmentfonds anfallen, auf die inländische Vermögens- und Erwerbssteuer des Anlegers möglich, gleichwohl es dabei nicht um eine Steuer des Anlegers, sondern um eine Steuer eines anderen Steuersubjekts (des Investmentfonds) handelte. Im Ergebnis stellte die Rechtsprechung Investmentfonds, die als juristische Person strukturiert sind oder als solche gelten, für die Quellensteueranrechnung der steuerlichen Behandlung von Personengesellschaften gleich.
Mit der Entscheidung 2020/107 vom 22.4.2022 weicht der Gerichtshof von dieser Betrachtung ab und erkennt die Steuersubjekteigenschaft entsprechender Investmentfonds an. Eine Anrechnung von Quellensteuern anderer Steuerpflichtiger auf die eigene Steuer der Anleger/Investoren, ist somit nicht mehr möglich. Rechtssystematisch ist die Entscheidung zu begrüssen.
Zugleich gilt es zu beachten, dass die wirtschaftlichen Überlegungen von denen sich der VGH in der ersten Entscheidung leiten liess, durchaus zutreffen. Eine Investmentfondsanlage basiert steuerlich auf dem sog. Grundsatz der Direktinvestmentparität, wonach eine Investmentfondsanlage aus steuerlicher Perspektive im Vergleich zur Direktanlage nur dann attraktiv bzw. sinnhaft ist, wenn keine steuerlichen Nachteile mit der Investmentfondsanlage einhergehen, die im Wege der Direktanlage nicht eintreten oder vermeidbar sind. Dieser Grundsatz rechtfertigt es regelmässig besondere Bestimmungen für die Investmentfondanlage zu implementieren.
So stünde es der Prärogative des Gesetzgebers frei, etwaige steuerliche Nachteile, die durch einen rechtsystematisch richtigen Ausschluss der Quellensteueranrechnung auf Anlegerebene entstehen, durch eine gesetzlich reglementierte Anrechnungsmöglichkeit zu vermeiden.
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